Montag, 30. Dezember 2013



Seitenblick Berlin So spannend die Beschäftigung mit der gebauten Nachkriegsmodernde in München auch ist, kommt man in andere Großstädte, werden die Maßstäbe schnell zurechtgerückt. Ein gutes Beispiel dafür ist Berlin. Alleine die Fahrt über die innenstädtische S-Bahn-Trasse eröffnet Blicke u.a. auf den Alexanderplatz mit futuristischem Fernsehturm, das weite Neubauareal der Bundesbauten, die modernen Schmuckstücke des Hansaviertels und die Wirtschaftswunder-Architektur am Bahnhof Zoo/Ku'damm.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass dem reichen Arsenal an modernen Bauten eine relativ bescheidene Literaturlage gegenüberstand. In den einschlägigen Architekturführern ist die Nachkriegsmoderne nur sehr knapp vertreten und attraktive Monographien zu den einzelnen Baudenkmälern gibt es so gut wie nicht, bzw. allenfalls antiquarisch.
Umso lobenswerter ist die Initiative des Reimer Verlags, unter dem Titel „Baukunst der Nachkriegsmoderne“ einen dezidierten Architekturführer zu den Bauten der Jahre 1949 bis 1979 zu veröffentlichen. Auf 500 Seiten enthält das von mehr als 30 Autoren und Autorinnen der Arbeitsgemeinschaft denkmal!moderne gemeinschaftlich verfasste Buch mehr als 200 Einträge, die sowohl die Entwicklung im Westen wie auch im früheren Ostberlin beleuchten. Die Bandbreite reicht von öffentlichen Bauten über Geschäfts- und Wohnhäuser bis hin zu Kirchen, Siedlungen und Grünanlagen. Die Menge an Entdeckungen und Anregungen zu künftigen Streifzügen ist dabei nahezu unbeschränkt.

Gleichzeitig hat das Architekturführer-Format allerdings auch seine Schwächen: Gerade bei herausragenden Bauten, wie etwa Egon Eiermanns Gedächtniskirche, Hans Scharouns Philharmonie oder Le Corbusiers Berliner Unité d'habitation können die knappen Einträge und kleinformatigen (aber immerhin durchwegs sehr gelungenen) Fotografien das Interesse des Lesers keineswegs zufriedenstellen. „Baukunst der Nachkriegsmoderne“ eignet sich hier allenfalls als Appetitanreger für eine vertiefte Lektüre, wozu die in dem Buch enthaltenen Literaturangaben einen guten Ansatz liefern. Ebenfalls diskussionswürdig ist die zeitliche Festlegung des Buchs auf die Periode bis 1979, welche dazu führt, dass eine Reihe interessanter Bauten der Postmoderne leider außen vor bleiben.

Unter dem Strich ist „Baukunst der Nachkriegsmoderne“ dennoch ein gut gelungener, inhaltlich erschöpfender und in einer hohen Qualität verfasster Wegweiser zu Baudenkmälern, die auch in Berlin oftmals noch gar nicht als solche wahrgenommen werden. Und aus der Perspektive von münchen modern liefert der Titel interessante Impulse für das angedachte Begleitbuch zum Blog.



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