Freitag, 22. Februar 2013

Persil-Schule Eigentlich soll münchen modern ja ausschließlich Gebäude präsentieren, die in den 60er, 70er und 80er Jahren gebaut wurden. Die ehemalige Persil-Schule an der Landsberger Straße 150 wurde dagegen bereits 1956 fertiggestellt. Doch gibt es für diesen Blogeintrag gute Gründe: Zum einen wohne ich in unmittelbarer Nähe der Persil-Schule und zum anderen hätte ich das Gebäude auf den ersten Blick nie in die 50er Jahre verortet – viel zu spacig streckt sich das Obergeschoss des zweistöckigen Baus der vielbefahrenen Landsberger Straße entgegen und auch der langjährige Verwendungszweck als Musikfachgeschäft – als Teenager kaufte ich dort Gitarrensaiten und Picks – ließ mich eher an die 70er Jahre denken.

Doch bereits ein Blick in den informativen Wikipedia-Eintrag zur Persil-Schule belehrt eines besseren: Der Haushaltswarenkonzern Henkel errichtete das Gebäude in den Jahren 1954-56 im Rahmen der Vertriebs- und Marketinganstrengungen für sein Waschmittel Persil. In insgesamt fünf deutschen Städten dienten sogenannte Persil-Schulen der Qualifizierung der Henkel-Handelsvertreter, aber auch der Unterrichtung von Wäschereien und Hausfrauen im richtigen Umgang mit dem Waschmittel. Eine zeitgemäße Architektur sollte zudem der Image-Bildung der Marke dienen. Aus heutiger Sicht wirkt die Bewerbung eines Waschmittels durch eigens gebaute Schulungscenter auf den ersten Blick eher kurios. Doch betrachtet man, mit welchem Aufwand beispielsweise Apple in seinen Flagshipstores heute die Präsentation seiner Produkte in einem markenstützenden Design-Umfeld betreibt, kann der Düsseldorfer Henkel-Konzern in dieser Hinsicht auch ebenso gut als moderner Vorreiter betrachtet werden. (Oder handelt es sich beim Konzept der Flagship-Stores um einen Rückgriff auf die traditionelle, in Markengeschäften betriebene Direktvermarktung?)

Die Münchner Persil-Schule wurde jedenfalls von der Düsseldorfer Architektengemeinschaft Ernst Petersen / Walter Köngeter geplant, die für den Henkel-Konzern auch viele weitere Firmenbauten, Wohnsiedlungen und Persil-Schulen bauten. Das Gebäude an der Landsberger Straße 150 wird durch große, den Straßenverkehr wiederspiegelnde Fenster im zur Straße auskragenden Obergeschoss geprägt sowie durch ein links neben der Gebäudemitte angebrachtes Mosaik, in welchem das „H“ der Firma Henkel aufgenommen wird. Die Henkel-Initiale prägt auch die verschränkte Glasfenster-Konstruktion an der Rückseite der ehemaligen Persil-Schule. In erster Linie ist es aber die nach oben gerichtete Winkelform, die das Gebäude auch heute noch zukunftsgerichtet aussehen lässt und aus der umliegenden Straßenbebauung herauslöst.

Seit 1999 befindet sich die Persil-Schule unter Denkmalschutz – ein Umstand, der dazu beitrug, dass das Gebäude auch in das 2004/05 rundherum errichtete Bürogebäude der Direktion München der AOK Bayern integriert wurde. Wie ein Beitrag in der Deutschen Bauzeitung (Ausgabe 12/2005) ausführt, wurde eine echte historische Sanierung des Gebäudes zwar in mancher Hinsicht verfehlt, doch wurde die Bausubstanz der Persil-Schule gesichert und diese einer erneuten Nutzung als Schulungsgebäude zugeführt. Durch die umlaufende mehrstöckige Einfassung hat sich die Gesamtwirkung der Persil-Schule zwar deutlich verändert, dennoch darf die Einbindung in den neuen Gebäudekomplex als erfreulicher Beitrag zur Bewahrung des modernen Bauerbes Münchens begrüßt werden.


Die Persil-Schule in all ihrer 50er-Jahre-Glorie (© Deusche Bauzeitung, 12/2005, S. 52)
Frontalansicht der ehemaligen Persil-Schule: klarer, reduzierter Baukörper mit Fassadenmosaik

Ansicht von Westen mit dem charakteristisch zur Straße auskragenden Obergeschoss

Die Glasfassade
Das Fassandemosaik nimmt das "H" der Firma Henkel als Gestaltungsmotiv auf


Der Winkelförmige Baukörper in der Seitenansicht
Rückansicht der Persil-Schule
Auch in den Fenstern der Gebäuderückseite wird das Henkel-H wiederaufgenommen
 



Donnerstag, 21. Februar 2013



Update Schweinchenbau Na also, mit etwas Glück müssen die Urheber der modernen Münchner Bau-Mauerblümchen doch nicht namenlos bleiben. Im Falle des Institutsgebäudes Leopoldstraße 13 (aka Schweinchenbau) ist es nun das Universitätsbauamt höchstselbst, das mir freundlicherweise weitere Details zu dem Gebäude zur Verfügung gestellt hat. Demzufolge handelt es sich bei dem Bauwerk um eine Eigenplanung des Universitätsbauamtes mit dessen damaligem Mitarbeiter Ernst Baumann als planendem Architekten. Die Skulptur im Innenhof zur Mensa („Allegorie der Lehre“) sowie Relief-Medaillons mit Wissenschaftler-Persönlichkeiten in der Treppenpassage zur U-Bahn stammen von dem Bildhauer Jürgen Goertz. Der Brunnen/Steinrelief am U-Bahn-Eingang wurde von dem Künstler Hans Rucker gestaltet. Für die Bilder und Dekorationen im Inneren des Schweinchenbaus zeichneten StudentInnen des Lehrstuhls für Kunsterziehung verantwortlich.

In der „Fest- und Informationsschrift zur feierlichen Übergabe und Inbetriebnahme des Universitätsgebäudes Leopoldstraße 13 am 13. Januar 1986“ fasst der Architekt Ernst Baumann noch einmal seine Intentionen zusammen: Das Gebäude bestehe seinen Funktionen (Lehreinrichtungen, Institute, Hörsaal/Bibliothek) gemäß aus drei Häusern, die jeweils in ihren oberen Geschossen einen Innenhof (bzw. im Falle der Bibliothek ein Glasdach) ausbildeten. Verschiedene Rot/Rosa-Töne an den Fassaden sowie im Gebäudeinneren setzten die einzelnen Häuser voneinander ab. Die mit weißem Marmor in den Boden gezeichneten Hauptachsen der Institutsgebäude kreuzten sich am (ebenfalls rot asphaltierten) Mensa-Vorplatz an der Stelle der „Allegorie“-Plastik.

In der Tat ein ausgeklügeltes Bauprogramm, das weit über die Mindestanforderungen für einen öffentlichen Zweckbau hinausgeht. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich beim Schweinchenbau um das umfangreichste Bauvorhaben handelt, das Baumann in seiner beruflichen Laufbahn verantworten durfte – und er diese Möglichkeit auch entsprechend auszukosten wusste. Die Online-Recherche ergibt, dass Ernst Baumann in der Folge von 1989 bis 2008 als Leiter des Staatlichen Bauamts Freising fungierte. In seinem – inaktiven – LinkedIn-Profil schreibt er: „35 Jahre Hochschulbau. Die Frage, die mich jetzt interessiert: Ist der Städtebau verloren gegangen? Ich sehe zwar gute Architektur, aber keinen Städtebau...“

Mittwoch, 6. Februar 2013

Schweinchenbau Ein bisschen später als geplant erscheint Beitrag #3 von münchen modern über das Institutsgebäude der LMU an der Leopoldstraße 13, aufgrund seiner Rosa Farbgebung im Volksmund besser bekannt als „Schweinchenbau“. Dafür dass dieser Blogpost erst jetzt veröffentlicht wird, sind Schwierigkeiten bei der Recherche verantwortlich: Teil der Idee von münchen modern ist es, möglichst genaue Informationen über das jeweilige Gebäude, die beteiligten Architekten und die Baugeschichte bereitzustellen. Beim Schweinchenbau ist es mir jedoch bislang nicht gelungen, den Namen des verantwortlichen Architekturbüros in Erfahrung zu bringen. Für diese Problematik, die es in Zusammenhang mit münchen modern sicherlich noch öfter geben wird, gilt es eine Lösung zu finden. Gleichzeitig steht diese Informationslücke aber auch für den prekären Status vieler Bauten der 60er, 70er und 80er Jahre: Man kennt Behnisch‘ Olympiastadion und Karl Schwanzers BMW-Hochhaus. Den in der gleichen Zeit entstandenen, das Münchner Stadtbild prägendem Bauten von Architekten wie Alexander von Branca, Ernst Maria Lang oder Fred Angerer wird dagegen bestenfalls mit Gleichgültigkeit, wenn nicht mit Ablehnung begegnet.

Natürlich handelt es sich dabei nicht immer um architektonische Ausnahmeschöpfungen ersten Ranges, doch hat auch so mancher Gebrauchsbau seine Qualitäten – wie auch das Beispiel Schweinchenbau zeigt. Wie aus Entwurfsskizzen auf der Webseite des Immobilienunternehmens Peter Haupt hervorgeht, wurde die Planung des Institutsgebäudes 1979 erstellt. Das Richtfest wurde 1983 gefeiert und 1985 zogen schließlich u.a. die Psychologische Fakultät der LMU sowie die Lehrbuchbibliothek des Studentenwerks in dem Gebäude ein. Der Schweinchenbau befindet sich zwischen der 1970 errichteten LMU-Mensa im Westen und der 1971 eröffneten U-Bahnhaltestelle Giselastraße im Osten an der Stelle des ehemaligen Prinz-Leopold-Palais. Das Wohndomizil des jüngeren Bruders von Bayerns letztem König Ludwig III. wurde 1935 von den Nationalsozialisten abgerissen, ein an dem Ort geplantes Jagdmuseum jedoch nie realisiert.

Bereits in seiner äußeren Erscheinung verweist der Schweinchenbau auf die architektonische Postmoderne. Der ziemlich massive Baukörper setzt bei einer moderaten Höhe mehr auf Breite und Tiefe. Erker, Dachbalkone und stufig auslaufende Pylonen verleihen dem Gebäude eine eher verspielte Ausstrahlung. Im Inneren setzt sich das Programm einer weniger strengen, natürlicher wirkenden Moderne fort. Am deutlichsten wird das in der im Kern des Gebäudes liegenden, fünf Etagen überspannenden Institutsbibliothek: Eine trichterförmig nach Innen verlaufende Dachkonstruktion aus Glas und Stahl versorgt die Bibliothek mit reichlich Tageslicht und läuft in eine baumstammähnliche, begrünte Mittelsäule aus. Die ringsförmig angeordneten Leseetagen werden von Arbeitsplätzen gesäumt, die vielen Bibliothekslesesälen zueigne steril-monumentale Atmosphäre wird dadurch vermieden. Auch andernorts sorgen in dem Institutsgebäude Dachgärten und Oberlichte für eine offene und kreative Atmosphäre. Die große Bandbreite der in dem Haus abgebildeten Funktionen (Hörsäle, Seminarräume, Gemeinschaftsflächen, Büros) wird durch eine entsprechende Vielzahl an Raumformen wiedergespiegelt.

Der Schweinchenbau erscheint in keinem Architekturführer und wird auch sonst nicht zu den architektonischen Meisterwerken in München gezählt. Neben der Bestimmung als Zweckbau ist dafür sicherlich auch die Nähe zur bislang nicht besonders geschätzten architektonischen Postmoderne verantwortlich. Dennoch ist das Institutsgebäude ein exzellentes Beispiel für das, was aufzuzeigen sich münchen modern zum Ziel gesetzt hat: Ein von seinen Nutzern und Anwohnern als alltäglich wahrgenommenes Gebäude der 80er Jahre, das mit seinen Qualitäten gegenwärtigen und künftigen Bauprojekten in München als willkommene Inspirationsquelle dienen könnte.


Luftansicht des Schweinchenbaus bei Google Maps

Fassadenansicht von der Leopoldstraße: Massiver Baukörper mit verspielten Details
Die Dachkonstruktion in der Institutsbibliothek
Das Innere der Institutsbibliothek - einer der schönsten Bibliotheksräume Münchens
Auch das Treppenhaus bietet Durchblicke auf das umgebende Schwabing
Typisch Achtziger: Ein Flur im Institutsgebäude
Kassettendecke, Oberlicht und charakteristische Lampen: Die Zeitungslesehalle
Dachgärten mit ungebenden Institutsräumen
Das Untergeschoss des Schweinchenbaus mit Aus/Eingang zur U-Bahn